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Traditionsunternehmen macht endgültig Schluss!

René Budries macht Schluss. Nach 27 Jahren schließt er seinen Betrieb.

„René Budries sitzt am Besprechungstisch seiner Bau- und Möbeltischlerei in Salzgitter – und erzählt. Er ist ein strukturierter Mensch. Hat sich gut auf das Interview vorbereitet, am Tag zuvor Stichpunkte notiert. Dinge, die ihm besonders wichtig sind. Dass sein Betrieb bis zum Tag der Schließung am 31. Januar 2024 wirtschaftlich gesund war zum Beispiel. Entgegen all jener Gerüchte in der Stadt, ihm sei wirtschaftlich „die Luft ausgegangen“. Warum aber hat der 55-Jährige dann Schluss gemacht mit seinem Betrieb?

René Budries holt tief Luft, reibt die Hände ineinander. „Im Mai ist meine Frau Evelyn gestorben. Im Jahr vorher meine Mutter. Krebs kennt keine Bremse“, sagt er. Diese drei Sätze klingen lange nach. Er erzählt weiter. Zunächst über die Geschichte seines Betriebes. Dass er es einst versucht hatte mit einem Praktikum bei der Hütte. „Ich wusste aber sehr schnell, dass mir das keinen Spaß macht“, sagt er mit einem Lächeln. Sein Opa sei Tischler gewesen, der habe früh seine Liebe zum Holz entfacht. Statt bei der Hütte bewarb sich Budries also bei Linke-Hofmann-Busch – heute Alstom – und lernte Holzmechaniker.

Einmal nur sei er während der Ausbildung an einer Aufgabe fast verzweifelt: an einer halb verdeckten Zinkung. „22 Mal habe ich es versucht, drei Wochen war ich zu Gange. Ich habe wirklich zwischendurch zu Hause geweint. Aber: Dann hat es geklappt. Und es sitzt noch heute“, erinnert er sich mit einem Lächeln.

Bei der Oma im Keller des Hauses am Pappeldamm habe er schließlich mit einer eigenen Werkstatt begonnen. „Dann habe ich im Keller unserer Eigentumswohnung in Braunschweig weitergemacht, schließlich haben meine Frau und ich in Braunschweig ein Haus gebaut. Da hatte ich schon vier, fünf Angestellte. Und als dann die Sattelzüge ins Wohngebiet gefahren kamen, um Material zu liefern, ging es nicht mehr“, erklärt der Tischlermeister. Im März 2006 habe er nach mehr als 21 Jahren bei Alstom gekündigt und sich voll und ganz um seinen eigenen Betrieb gekümmert.

Nun also das Aus. „Der Betrieb ist geschlossen. Dass meine Mitarbeiter alle gut unterkommen, war mir am wichtigsten. Das hat geklappt“, sagt der Salzgitteraner, der in der Region bestens vernetzt ist. Kein Wunder, schließlich sei ihm die Region ein großes Anliegen, habe er sich gekümmert und engagiert. Unter anderem in Prüfungsausschüssen, der Kreishandwerkerschaft, der Kaufmännischen Union, dem Arbeitsausschuss Innenstadt Braunschweig, der Wirtschafts- und Innovationsförderung Salzgitter (Wis), dem Spendenparlament oder auch als Karnevalist.

„Als wir von der Diagnose meiner Frau erfahren haben, habe ich all meine Kraft und Energie für sie eingesetzt“, erzählt der 55-Jährige. Er weiß ganz genau, wann das war: am 25. Juni 2020. „Wir saßen abends auf der Terrasse und haben ein Glas Wein getrunken, als die Hausärztin meiner Frau anrief.“ Dieser eine Moment habe alles verändert. „Ich habe alle verrückt gemacht. Wir sind durch ganz Deutschland zu Ärzten gereist. Wir haben alles versucht, dass es weitergeht. Mein Motto war immer: 100 Prozent.“

Er habe es in der Firma schleifen lassen. „Ich habe all meine Kraft und Energie gebraucht, um meiner Frau zu helfen.“ Doch am Ende habe der Krebs gesiegt. Im Mai vergangenen Jahres sei seine Frau gestorben. „Sie war die gute Seele des Betriebes, hat aber 33 Jahre im Kinder- und Jugendtreff in Thiede gearbeitet“, erzählt René Budries.

„Dieser Schicksalsschlag hat den Umbruch gebracht“, sagt der Handwerker. Mit seinem Vater habe er zuerst über den Entschluss gesprochen, die Bau- und Möbeltischlerei zu schließen. „Dann gab es eine Betriebsversammlung, und ich habe allen gesagt, dass ich aufhören werde.“ Gemeinsam mit seinen Mitarbeitern habe er alle Aufträge abgearbeitet und darauf geachtet, dass alle gut unterkommen. Das habe funktioniert. Einer habe sich selbstständig gemacht, seine Tochter Elisa, im dritten Jahr in der Ausbildung zur Kauffrau für Büromanagement, habe gerade in einem benachbarten Betrieb begonnen und könne ihre Ausbildung dort beenden.

„Ich kann nicht mehr. Ich möchte auf mich aufpassen, meinen Vater, meine Tochter“, sagt Budries leise. Absolut selbstbestimmt wolle er jetzt sein Leben strukturieren. „Ich möchte ein neues Leben haben.“ Für diese Entscheidung habe er viel Zuspruch bekommen, habe viele Anrufe bekommen, als sich die Nachricht, dass er seinen Betrieb schließen würde, rumgesprochen habe. „Für mich ist das Leben wertvoll. Am Anfang stand das echt auf der Kippe“, sagt er mit bemerkenswerter Offenheit. Längst ist dieses Gespräch in der verwaisten Tischlerei außergewöhnlich intensiv geworden.

Ein Rundgang durch die Tischlerei zeigt deutlich, was für ein strukturierter Mensch Budries ist. Die Werkstatt: blitzeblank und aufgeräumt. Der Lagerraum fürs Holz: perfekt sortiert. Budries erzählt. Dass in den vergangenen Jahren auch in seinem Betrieb vieles herausfordernder geworden sei. „Insbesondere die ansteigende Bürokratie, die zunehmenden Dokumentationspflichten. Wir mussten hier alles dokumentieren“, sagt er mit einem Seufzer. Und dennoch sei er stolz auf das, was er geleistet habe. Seine Firma sei bekannt für ihre Zuverlässigkeit und gute Arbeit. „50 Auszubildende haben wir in all den Jahren hier gehabt. Tischler oder Kaufleute. Sie haben immer mit Bestnoten bestanden.“

Trotz allem sei es nun an der Zeit für einen Neuanfang. Von Ruhestand aber könne nicht die Rede sein. „Ich werde weiter als Sachverständiger tätig sein und in der Immobilienverwaltung. Zudem bin und bleibe ich Mitglied im Meisterprüfungsausschuss. Und ich möchte mich mehr um meine Familie, meinen Hund und mein Haus kümmern.“ Einfach so weiterzumachen wie bisher, das habe sich für René Budries nicht mehr richtig angefühlt. „Jetzt schaue ich mir erstmal an, was jetzt so kommt.“